Weyarn/Landkreis –Nach 18-jähriger Tätigkeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter und nach 13 Jahren als Leiter der Außenstelle des WEISSEN RINGS in Miesbach verabschiedet sich Andreas Untergruber –zumindest als Mitarbeiter. Als Mitglied bleibt er dem Verein erhalten. „Das ist ja keine Tätigkeit, die man so einfach abstreifen kann, man ist da mit Leib und Seele dabei“, sagt Untergruber. Sein Nachfolger ist Rudolf Haberl, der Ende 2018 die Leitung übernommen hat. Bei einer feierlichen Amtsübergabe am Freitag in Weyarn wurde der 67-jährige Untergruber offiziell verabschiedet. Gerührt bedankte er sich für die Unterstützung während all der vergangenen Jahre, die den Kriminalitätsopfern im Landkreis zu gute kam. Auch Landrat Wolfgang Rzehak hob die Bedeutung des Vereins hervor. „Wir leben ja auf dem schönen Land, da gibt es keine Kriminalität, meint man. So ist das aber nicht. Auch hier gibt es Kriminalitätsopfer.“
Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, häusliche Gewalt und Stalking – der WEISSE RING steht Opfern aller Straftaten bei. Mitarbeiter begleiten Betroffene in jeglichen Belangen, ihre Hilfeleistung erstreckt sich von Amtsbesuchen über die Vermittlung von psychologischen Ansprechpartnern bis zu Anwaltsterminen. Wie Haberl betont, müssen Mitarbeiter des WEISSEN RINGS bei einer ihnen bekannt gewordenen Straftat nicht unbedingt Anzeige gegen den Täter erstatten–anders als Polizisten, die von Straftaten erfahren. Während seiner Arbeit beim WEISSEN RING habe Untergruber viele schlimme Schicksale mitbekommen, berichtete er; besonders sexuelle Gewalt gegen Kinder mache ihn immer wieder traurig und betroffen. „Es ist eine sehr emotionale Arbeit.“ Man lerne aber das Leben viel mehr schätzen. Jeden könne es jederzeit treffen, machte Untergruber klar. Zur falschen Zeit am falschen Ort, „und schon ist man eventuell sein Leben lang gesundheitlich geschädigt“. Die Opferhilfe habe auch positive Seiten, betonte der ehemalige Leiter. „Wenn ich von einer Familie eine Ansichtskarte bekomme, die nach schwerer Zeit gemeinsam Urlaub macht, ist das mein persönlicher Orden.“ Sein Nachfolger will in absehbarer Zeit das Personal aufstocken. „Wir möchten personell alle Altersgruppen abdecken können, dafür fehlen aber aktuell noch zwei bis drei Mitarbeiter“, sagt der 62-Jährige. Außerdem will der Fischbachauer die Präsenz des Vereins im ganzen Landkreis stärken. Nicht ganz einfach für eine gemeinnützige Organisation wie den WEISSEN RING. Untergruber stellt den Zwiespalt dar: Zum einen wolle man Vertrauen aufbauen und müsse behutsam agieren, zum anderen benötige man die Präsenz, um den Verein in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Das übergeordnete Ziel des WEISSEN RINGS formulierte Nick Cebulla stellvertretender Landesvorsitzender, bei der Amtsübergabe am Freitag: „Kriminalitätsopfer brauchen eine Lobby.“
Quelle: Miesbacher Merkur